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Drei „Secret Cities“ für Radler und Radlerinnen

Hauptstädte wie Kopenhagen und Amsterdam poppen bei mir auf, wenn ich an fahrradfreundliche Städte denke. Sie führen auch den Copenhagenize Index an, ein Ranking fahrradfreundlicher Städte weltweit. Aber auch kleinere Städte und Bundesländer sind bemerkenswert:  

 

  • 2019 wurde im niederländischen Utrecht das größte Fahrradparkhaus der Welt mit ca. 12.500 Stellplätzen eröffnet.

  • Der Radverkehrsanteil im deutschen Oldenburg liegt lt. VCÖ bei 43 Prozent.

  • Vorarlberg hat mit 16 Prozent in Österreich die Nase vorn.

  • Lustenau strebt den Titel „Die fahrradfreundlichste Gemeinde“ in Österreich an.

  • In den Niederlanden gibt es 202 Kleinstädte mit einem höheren Radverkehrs- als Pkw-Anteil.

  • Die Provinz Utrecht produziert Strom mit einem 330 Meter langen Solarradweg.

 

Fahrradschnellstraßen, eine grüne Welle für Radfahrer*innen, der Extraring im Kreisverkehr, Vorrang für Fahrradfahrer*innen oder spezielle Fahrradzonen sind nur einige Beispiele, die das Radfahren in einer Großstadt zum Vergnügen machen.  

 

Mit Münster, Antwerpen und Malmö stelle ich Ihnen drei fahrradfreundliche Städte vor.

1. Münster

 

Die 316.000 Einwohner große Stadt liegt in Nordrhein-Westfalen, nördlich des größten Ballungsgebiets Deutschlands, dem „Ruhrpott“. Die Umgebung, das Münsterland, ist so flach wie die angrenzenden Niederlande und ist von der Landwirtschaft geprägt. Die Region hat ein 4.500 Kilometer langes Radwegnetz. Dieses beinhaltet Themenrouten wie „Historische Stadtkerne“ oder „1.000 Schlösserroute“.

Gewaltige Wasserburgen, romantische Schlösser, verwunschene Herrenhäuser und alte Klöster befinden sich auf den vier Rundkursen der Schlösserroute.

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Zurück zur Stadt Münster: Die Studentenstadt wurde im Zweiten Weltkrieg zerbombt.

 

Kopfsteinpflaster, bunte Gasthäuser und alte Fachwerkhäuser wurden vielerorts originalgetreu wieder aufgebaut.

 

Münster zählt zu den nachhaltigsten Städten Deutschlands und wurde 2019 mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet.

 

Schloss Nordkirchen. Copyright: Philipp Fölting, Müensterland e.V., CC BY-SA

Die fast autofreie Altstadt von Münster lädt zum Bummeln und Flanieren ein. So wie freitags am „Ökologischen Bauernmarkt“ auf dem Domplatz oder in den Naturmodegeschäften Grüne Wiese  oder Hella Good, einem Concept Store für Second Hand Mode aber auch Schmuck, Papeterie und Interieur aus erster Hand. Auf der Website „Münster kauft ein“ finden Sie weitere Anregungen. 

Der Friedenssaal im gotischen Rathaus ist historisch interessant. Hier wurde 1648 der Westfälische Friede geschlossen, der den Dreißigjährigen Krieg beendete. 

Eine Besonderheit der Stadt ist die ca. 4,5 km lange Promenade, ein grüner autofreier Ring, der sich einmal um die Altstadt dreht.

Radelt man die Promenade entlang, passiert man den Aasee. Er ist ein 40 ha großer und 2,3 km langer Stausee, der die Stadt ursprünglich vor Überflutungen schützen sollte. Der See und seine Grünflächen sind ein bedeutendes Naherholungsgebiet der Münster*innen.

Kurz darauf radelt man an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, kurz WWU vorbei. Untergebracht im Wahrzeichen der Stadt, einem Barockschloss aus dem Jahre 1787 mit botanischem Garten, Schlosspark und einem mit Wasser befüllten Schlossgraben, ist sie eine der größten Universitäten in Deutschland.

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Der Prinzipalmarkt und WWU. Copyright Fotos: Philipp Fölting, Müensterland e.V., CC BY-SA

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Aber auch der Bahnhof und Deutschlands größtes Parkhaus für Fahrräder (ca. 3.300 Räder) befinden sich an der Promenade. In der gesamten Stadt gibt es mehr als 500.000 Fahrräder.

Sie sind lieber nostalgisch unterwegs? Dann ist der Prinzipalexpress, eine Elektrokutsche mit „Kutscher“, aber ohne Pferd, mit der Sie Münster erkunden können, vielleicht das Richtige für Sie.

 

Radtouren die nicht zu den Sehenswürdigkeiten, sondern zu den „Change-Makers“ der Stadt führen, sind die drei Radrouten von Münster Nachhaltig.

Treffen Sie einige der über 100 Nachhaltigkeitsakteure und Akteurinnen aus den Bereichen

Wissenschaft, Verwaltung, Wirtschaft, Verbände, Organisationen und Bürger*inneninitiativen persönlich und informieren Sie sich über eines der vielen Projekte in der Stadt.

Nach einer ausgedehnten Radtour ist für viele Menschen ein „kühles Blondes“ eine willkommene Erfrischung.

 

In der einstigen Bierstadt Münster gab es 100 Brauereien. Heute sind es vier.

 

Eine davon ist die Brauerei Finne-Bio-Craftbeer nördlich der Altstadt. Dazu passend ein Besuch in der Bio-Schaukäserei „Hafenkäserei“ mit Restaurant direkt am Wasser. Aber auch das Krawummel in der Altstadt lockt mit vegetarischen und veganen Köstlichkeiten.

Weitere fleischlose Restaurants der Stadt listet u.a. die App „Happy Cow“ oder die Broschüre „Über den Tellerrand“ für Sie.

Anreise:

Ab Wien mit dem Nachtzug mit 1x Umsteigen in Düsseldorf oder Köln erreichbar.

Münster ist von Köln je nach Zug in knapp 2 Std. direkt erreichbar, von Düsseldorf in ca. 1 ½ Stunden.

Während des Tages ist Münster mit 1x Umsteigen in zum Beispiel Frankfurt oder Dortmund in ca. 10 Std. erreichbar. 

Tourismusamt:

https://www.muensterland.com/

https://www.muenster.de/tourismus.html

2. Antwerpen

Die belgische Hafenstadt und Heimat des Malers Rubens und des Buchdruckers Plantin beheimatet heute eine halbe Million Einwohner. Sie ist die größte Stadt des Landes in der über 170 Nationen in neun Distrikten leben. Gelegen in Flandern, reicht ihre lebhafte Geschichte bis ins Mittelalter zurück. Im 15. und 16. Jahrhundert zählte die Stadt an der Schelde zu den größten der Welt, im Ersten Weltkrieg wurde sie stark verwüstet. Das offene Meer liegt ca. 80 km von der Handelsmetropole entfernt.

 

Außerdem betreibt Antwerpen den zweitgrößten Seehafen Europas und ist ein wichtiges Zentrum für die Verarbeitung und den Handel von Diamanten.

 

Zu den UNESCO-Weltkulturerbestätten der Stadt zählen u.a. das Plantin Moretus Museum, welches die ältesten Druckpressen der Welt ausstellt, der Turm der Liebfrauenkathedrale und das Rathaus. Die Burg Het Steen am Ufer der Schelde ist das älteste Gebäude der Stadt, die neueste architektonische Perle ist das Hafenhaus, und der Grote Markt bildet das Herz der Stadt. Eine Oase der Ruhe mitten im Stadtzentrum wiederum ist der Beginenhof mit seinen aus Kopfstein gepflasterten Straßen, Häusern, einer Kirche und einem Obstgarten.

Das „grüne“ Herz von Antwerpen schlägt im PAKT. Ein ehemaliges Industriegelände, das sich in eine kreative, nachhaltige Drehscheibe verwandelt hat. Dachgärten, Restaurants, Cafés, nachhaltige Unternehmer*innen und vieles mehr finden sich hier. 

Einen außergewöhnlichen Rundumblick über die Stadt genießen Sie vom 10. Stock des MAS-Museums. Die einzigartige Architektur basiert auf Lagerhäusern aus dem 19. Jahrhundert, die typisch für die Stadt und den Bezirk sind.

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Het Steen, Copyright: Lucid - Jochen Verghote, Visit Antwerpen und Havenhuis, Copyright: Gianni Camilleria, Visit Antwerpen     

Das Besondere an der Stadt ist, dass die Einwohner*innen zur Querung der Schelde kaum Brücken, sondern drei Tunnels benutzen.

 

Der Sint-Annatunnel wurde beispielsweise 1933 eröffnet und auch heute noch benutzen die Menschen die damaligen Holzrolltreppen.

Fahrradfahrer*innen benutzen besser den Lift.

 

Die gesamte Innenstadt und das Viertel Linkeroever sind Umweltzone. Ältere Dieselfahrzeuge und Benziner dürfen nicht mehr in die Stadt fahren. Hier geht´s zu den Zulassungsbedingungen.

Besser für Körper und Umwelt sowie staufreier ist das Sightseeing mit dem Fahrrad.

 

Über 100 km lange Fahrradwege, Fahrradschnellstraßen erschließen die Stadt. Der Routenplaner „Schlau nach Antwerpen“ zeigt Ihnen die besten Routen inkl. Kalorienverbrauch. Neben klassischen Fahrrädern stehen E-Räder, Lastenräder und Tandems zur Auswahl. Velo ist das erste und größte Bike-Sharing System der Stadt. 

 

Die „Urban Jungle Radkarte“ (zu kaufen beim Tourismusamt) ist der ideale Radbegleiter. Neben ausführlichen Wegbeschreibungen, Tipps von Einheimischen und Routenvorschlägen enthält die Broschüre auch viele praktische Informationen rund ums Radfahren in Antwerpen.

Wollen Sie nicht selbst in die Pedale treten? In der Stadt werden „E-TukTuk Touren“ (Ein TukTuk ist eine Art Rikscha) angeboten.

 

Das Unternehmen Mixua bietet Gruppen- und Privattouren durch das pulsierende Öko-Leben von Antwerpen an. Entdecken Sie Zero-Waste-Shops, Fair Fashion, lokale Produkte und innovative Projekte. Darüber hinaus lernen Sie während der Tour die Pioniere hinter den Initiativen kennen.

Eine davon sind die Radretter – De Wielredders. In Antwerpen finden sich jährlich 4.000 bis 5.000 verwaiste Fahrräder. Für drei Monate werden diese in einem Lagerhaus gelagert. Verstreicht die Frist, hauchen die Radretter den Rädern neues Leben ein und verkaufen diese kostengünstig. Das Unternehmen startete im Februar 2021 und verkaufte in den letzten eineinhalb Jahren bereits über 200 Fahrräder. Fahrräder, die sich nicht zum Wiederverkauf eignen, dienen als wertvolles Ersatzteillager.

 

Auch in Antwerpen dinieren Sie köstlich. Das Restaurant Graanmarkt 13 erhielt 2021 einen „grünen“ Michelin-Stern und frische, vegetarische und schmackhafte Bio-Speisen kocht das Restaurant Murni für Sie auf.

Anreise:

Fahren Sie in einen der schönsten Bahnhöfe der Welt ein!

Sonntags, dienstags und donnerstags verbindet der Nightjet Wien mit Brüssel in 13 Stunden. Ab Brüssel ist es ein Katzensprung von einer halben Stunde nach Antwerpen.

Reisen Sie lieber am Tag, erreichen Sie Antwerpen mit zwei Mal Umsteigen zum Beispiel in Frankfurt oder Köln und Brüssel.

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Copyright: Sigridspinnox.com, Visit Antwerpen

Tourismusamt:

https://www.visitantwerpen.be/nl

 

3. Malmö

Die Stadt am Öresund ist die drittgrößte und die am schnellsten wachsende Stadt in Schweden.

 

Die Hauptstadt der Provinz Skåne ist jung, von großer kultureller Vielfalt und ein Schmelztiegel der Ideen.

 

Sie ist die Heimat von Menschen aus über 180 Nationen und von den über 350.000 Einwohner*innen sind fast die Hälfte unter 35 Jahre alt. 

Hier finden sich mehr Restaurants pro Einwohner als in allen anderen Städten des Landes, und

Kunst-, Musik- und Kulturangebote wie zahlreiche Open-Air-Festivals oder das Malmö Festival sind stets in greifbarer Nähe. Aber auch weitläufige Parks, kleinere Kanäle, der größte Skateboard Platz befinden sich in der „FairTrade“ City und ehemaligen Industriestadt.

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Copyright: Malmö Tourism, Fredrik Johansson, Omvärld & Näringsliv

Vintage- und Secondhand-Fans finden eine beachtliche Auswahl an kleinen Geschäften in der Stadt. Im Sommer findet jeden Sonntag, nur einen Steinwurf vom Hauptbahnhof entfernt, am Drottningtorget einer der größten Flohmärkte der Region statt.

Sichtbarer als so manches Schnäppchen ist eines der höchsten Hochhäuser in Skandinavien, der Turning Torso mit 190 Metern. Er ist das Wahrzeichen von Malmös Stadtteil Västra Hamnen auf dem ehemaligen Hafen- und Industriegelände. 

Die Energieversorgung dieses Stadtteils ist autark und basiert zu 100 Prozent auf lokal erzeugter erneuerbarer Energie.  

An den Stadtteil anschließend findet sich die „Copacabana“ von Malmö, der 2,5 km lange Strand von  Ribersborg. Ein Stadtstrand zum Chillen, Baden, Joggen oder Spazierengehen. 

Einen guten Überblick über die 1275 gegründete Altstadt Lilla Torg mit ihren bunten Fachwerkhäuschen und Sehenswürdigkeiten haben Sie mit dem Fahrrad. Besuchen Sie  Skandinaviens ältestes erhaltenes Renaissanceschloss, das Malmöhus und die vielen Museen (z.B. das Disgusting Food Museum) der Stadt.

Über 500 Radwegkilometer durchziehen das städtische Netz. Lt. Visit Malmö werden 25 Prozent der Fahrten mit dem Rad durchgeführt.

Lernen Sie die nachhaltige Seite der Stadt mit Privattouren von Green Bike Tours kennen oder ziehen Sie allein mit einem Rad, gemietet beispielsweise von Malmö by Bike (1.000 Leihräder an 100 Standorten der Stadt) oder Bike Experiences los.  

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Vom Wasser aus haben Sie die Möglichkeit, Malmö mit einem Elektroboot, einem guten alten Tretboot oder einem SUP (Stand Up Paddling Board) zu entdecken.

Copyright: Malmö Tourism, Fredrik Johansson, Omvärld & Näringsliv

Meldet sich Ihr Hunger, ist das Restaurant Spill eine einzigartige Adresse. Der Sternekoch Erik Andersson verarbeitet täglich mit seinem Team übrig gebliebene Lebensmittel der Großhändler zu köstlichen Speisen.

Über 90 Prozent der Hotels sind nachhaltig zertifiziert. Keine alltägliche Unterkunft ist das Fahrradhotel Ohboy Hotel. Es stellt seinen Gästen keinen Autoparkplatz zur Verfügung, stattdessen beinhaltet jedes Zimmer ein Klappfahrrad, mit dem Sie binnen 15 Minuten in alle Viertel der Stadt radeln.

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Copyright: Malmö Tourism, Fredrik Johansson, Omvärld & Näringsliv

So wie andere skandinavische Städte verfolgt auch Malmö ehrgeizige Ziele einer nachhaltigen Stadtplanung:

 

  • Die Stadt will bis 2030 klimaneutral sein.

  • Der drittgrößte Windpark der Welt vor den Toren Malmös versorgt bereits ca. 60.000 Haushalte mit Strom (Quelle: Sustain Europe).

  • Lebensmittelabfälle werden für die Kompost- und Biogasproduktion verwendet.

  • Nachhaltige Stadtviertel wie Augustenborg, Hyllie oder Sege Park werden aus dem Boden gestampft.

  • Einsatz von Elektro- und Hybridbussen (Biogas-Elektrobussen).

  • Städtische Bio-Bauernhöfe, wie zum Beispiel Los Perros Urban Farming oder der „soziale Bauernhof“ Botildenborg, der eine Beschäftigung, Integration und eine gute Zukunft für junge Menschen gewährleistet, stellen einen Bezug zur Landwirtschaft her.

 

 

Anreise:

Ab Wien gibt es eine tägliche Nachtzugverbindung nach Hamburg.

Seit 1. September 2022 verbindet ein neuer Nachtzug der schwedischen Bahngesellschaft SJ Hamburg mit Stockholm. Der Zug hält auch in Malmö. Eine weitere Nachtzugverbindung betreibt die schwedische Bahngesellschaft Snälltåget, ebenfalls mit Stopp in Malmö.

Während des Tages erreichen Sie von Hamburg aus Malmö mit einmal Umsteigen in Kopenhagen.

Ein Highlight ist die Zugfahrt über die Öresundbrücke, welche Dänemark mit Schweden seit ihrer Eröffnung im Jahre 2000 verbindet.

Die Fahrt führt Sie durch den 3.510 Meter langen Drogdentunnel, bringt sie über die 4.055 Meter lange, künstlich angelegte Insel Peberholm und die 7.845 Meter lange Öresundbrücke.

 

Ein Blick in die Zukunft:

Ist die geplante Fehmarnbeltquerung (ein 18 Kilometer langer Straßen- und Eisenbahntunnel) 2029 fertig, liegt die Fahrtzeit von Hamburg nach Kopenhagen unter 3 Stunden.

Erwogen wird auch die erste internationale U-Bahn Linie zwischen Kopenhagen und Malmö. Falls sie tatsächlich gebaut werden sollte, ist das Eröffnungsdatum für 2035 angesetzt.

 

Tourismusamt:

https://malmo.se/Welcome-to-Malmo/Visit-Malmo.html

https://visitskane.com/

Dieser Artikel ist in meinen September/Oktober Inspirationen erschienen. 

 

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