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Entlang der Salzach –

Wo Radln auf Kultur und Natur trifft

Ein erlebnisreiches Mikroabenteuer war es für mich, von Salzburg größtenteils über den Tauernradweg in das bayrische Burghausen zu radeln, um am nächsten Tag in einer Schleife über das landwirtschaftlich geprägte Hinterland retour nach Salzburg zu fahren.

 

Auen, Burgen und bunte Häuser

„Wir erreichen in Kürze Salzburg Hauptbahnhof, bitte alle aussteigen!“ Bei diesen Worten kribbelte es innerlich in mir. Ich stand auf, löste mein Fahrrad und als ich den Zug verlassen habe, kam mir eine erfrischende Brise entgegen.

Ich fuhr mit meinem Rad durch den Großstadtdschungel und als ich am Marko-Feingold-Steg (Markartsteg) angekommen bin, glitzerten abertausende Liebesschlösser in der morgendlichen Sonne. Dahinter die imposante Festung Hohensalzburg und neben mir eine asiatische Reisegruppe, die andächtig ihrem Tourguide lauschte. 

 

Es war ein kurzes Intermezzo, da ich, nachdem sich der Anblick in mir gefestigt hatte, der Stadt den Rücken kehrte und am Tauernradweg Richtung Norden fuhr. Die mir entgegenströmenden Menschen nahmen stetig ab und beim Zusammenfluss von Salzach und Saalach war ich bereits mutterseelenallein. 

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Die 225 Kilometer lange Salzach, welche in den Kitzbüheler Alpen entspringt, verdankt ihren Namen dem Salzhandel. Sie wurde zwischen 1860 und 1890 in ein enges Korsett getrieben, um den Salztransport zu ermöglichen. Zur Förderung der Biodiversität entlang der Ufer wurden die Salzachauen, wie die Weitwörther Au, im Rahmen eines Life-Projekts wieder renaturiert. 

 

Ein Spaziergang durch die Weitwörther Au war ein Konzert für meine Ohren.

 

Im Juni gaben die Frösche den Ton an, und die Grillen und Zikaden zirpten um die Wette. Untermalt wurde die Natursymphonie mit unzähligen Vogelstimmen.

In den Salzachauen brüten über 70 Vogelarten und für Zugvögel ist das Gebiet ein wichtiger Rastplatz. Weiters gibt es über 540 Schmetterlingsarten, 15 Libellenarten und 12 Fledermausarten aber auch die Biber schätzen den Lebensraum Au.

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Nach dem „Au-Konzert“ ging es in Oberndorf musikalisch weiter. Dort wurde 1818 das Weihnachtslied „Stille Nacht“ in der Nikolauskirche uraufgeführt. Der Priester Joseph Mohr schrieb 1816 in Mariapfarr den Text, bevor er 1817 nach Oberndorf versetzt wurde. Dort lernte er Franz Xaver Gruber kennen, dieser schrieb die Melodie.

Die Kirche selbst wurde 1906 wegen Hochwasserschäden abgerissen. An ihrer Stelle steht heute die Stille-Nacht-Kapelle.

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Auf der anderen Seite der Salzach liegt Laufen. Die Stadt an der Salzachschleife war rund 1.000 Jahre lang ein wichtiger Amtssitz der weltlichen und geistlichen Herrscher Salzburgs.

 

Sie war für mich mit den bunten Häusern und kopfsteingepflasterten Gassen ein Vorgeschmack auf das, was mich an diesem Tag noch erwartete.

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Vorerst ging es wieder zurück in die Natur. Ich strampelte die nächsten 20 Kilometer kräftig in die Pedale und fuhr durch lichte Wälder. Ich sah Blumen am Wegesrand und staunte, als die vom Moor braun gezeichnete Moosach in die Salzach mündete.

So ähnlich stelle ich mir den Zusammenfluss von Rio Negro und Amazonas vor – in der Miniversion.

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Mit Tittmoning habe ich ein weiteres kulturelles Kleinod auf meinem Weg nach Burghausen besucht.  Architektonisch ist die rund 6.000 Einwohner umfassende Stadt vom charakteristischen Inn-Salzach-Baustil geprägt. Der Altstadtkern mit seinen barocken Kirchen sowie den sanierten Stadttoren ist nahezu vollständig erhalten und versprüht gemeinsam mit der Burg mittelalterlichen Charme. Der Stadtplatz wurde seit 1234 nicht mehr verändert und zählt zu den schönsten Plätzen in ganz Bayern.

Die Burg selbst beherbergt mehrere Museen, und bei Schönwetter liegt einem das Alpenpanorama zu Füßen.

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Die letzten Kilometer nach Burghausen legte ich auf bayrischer Seite zurück.

 

Beim Radfahren entlang der Salzach und den Wäldern (der Radweg ist hier nicht vollständig ausgebaut), ließ ich das Erlebte wieder sickern, bevor ein historisches Haus mit Hochwassermarkern meine Aufmerksamkeit auf sich zog.

 

Das größte Hochwasser wurde in Burghausen im Jahre 1598 gemessen.

Vor den Toren von Burghausen lädt das Kloster Raitenhaslach noch zu einem Besuch ein. Es wurde 788 erstmals als „Raitinhaselach“ erwähnt. Hier gründeten im Jahre 1146 die Zisterzienser ihr erstes Kloster in Altbayern.

Mein kulturelles Highlight habe ich mir bis zum Ende des Tages aufgehoben.

 

Burghausen kann neben einem historischen Stadtplatz mit vielen bunt zusammengewürfelten Häusern und engen Gassen auch mit der längsten Burg der Welt aufwarten.

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Scheinbar ohne Ende ziehen sich die Mauern, Zinnen, Türme und Kapellen über eine schmale Bergzunge. Auf der einen Seite blickt man hinunter auf die malerische Altstadt, auf der anderen Seite findet man mit dem Wöhrsee ein Badeparadies. Die 1.051 Meter lange Burg gliedert sich in sechs Höfe, wo Museen und Ausstellungen beheimatet sind, aber sich auch Künstlergruppen entfalten und Menschen wohnen. Das Burgfest findet jedes zweite Wochenende im Juli statt.

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Auf einer Plättenfahrt sieht man die Stadt vom Wasser aus. Von dem Aussichtsplatz in Duttendorf (Gemeinde Hochburg-Ach in Österreich) hat man einen unvergleichlichen Blick von hoch oben. Vom Aussichtspunkt bietet eine Wanderung zum Salzachdurchbruch ein Naturschauspiel. Die Salzach grub sich an dieser Stelle nach der letzten Eiszeit etwa 70 Meter tief ein und hat einen imposanten Steilhang mit zahlreichen Höhlen hinterlassen. Hier fühlt sich die selten gewordene Äskulapnatter wohl.

 

 

Vögel, Moore und Seen

Auf dem Rückweg nach Salzburg war die Natur der Protagonist. Zuerst ging es für mich aber noch in Richtung Braunau am Inn, zum Inn-Salzach-Blick. Auf dem Weg dahin wurde mir die Dimension des Chemiewerkes von Burghausen bewusst. War früher das Salz die Quelle des Reichtums, ist heute die Chemieindustrie ein zentraler Wirtschaftsfaktor. Jährlich werden mit 11.000 Beschäftigten etwa 9 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Das Werk passte für meinen Geschmack so gar nicht in die naturbelassene Landschaft. Aber die Irritation war am Zusammenfluss von Salzach und Inn schnell vergessen. Hier erstreckt sich das 5.500 Hektar große Europareservat „Unterer Inn“

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Durch eine leicht hügelige und von der Landwirtschaft geprägte Gegend ging es auf Güterwegen, Fahrradwegen und wenig befahrenen Straßen nach Süden.

 

In der Ferne bildeten namhafte Berge wie Dachstein, Hochkönig und Watzmann ein schönes Bergpanorama.

 

Meine Zwischenstopps waren Moorseen, wie der Holzöstersee und der Heratinger See. Beide Seen zählen zu den wärmsten Badeseen in Österreich und haben mit einem Strandbad eine hervorragende Infrastruktur.

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Nicht so der Seeleitensee. Er befindet sich im Ibmer Moor und ist der Tier-, und Pflanzenwelt vorbehalten. Verschieden lange Themenwege laden ein, den Lebensraum Moor hautnah zu erleben.

Moore speichern auf drei Prozent der Landmasse ein Drittel des weltweit im Boden gebundenen Kohlenstoffes. In meinem Artikel „Moore – Die unterschätzten Kohlenstoffspeicher“ habe ich mich mit diesem faszinierenden Lebensraum auseinandergesetzt.

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Mein persönliches Highlight des Tages war das Vogelparadies Weidmoos.

 

Das Geschrei von Hunderten von Lachmöwen war bereits von Weitem zu hören.

 

Aber auch Graugänse, Silberreiher, Kiebitze hat mein ungeschultes Auge noch entdeckt. Ein 1,5 Kilometer-Rundweg führt um einen See mit drei Aussichtspunkten auf das Hochmoor und die Kernzone, wo Betretungsverbot herrscht.

Diese Idylle wurde durch den Menschen gestört, als Torf für die verschiedensten Zwecke benötigt wurde. In den 1970er Jahren wurden im Weidmoos jährlich ca. 30.000 m³ Torf abgebaut. Im Jahr 2000 gingen die Torfvorräte zur Neige und der Abbau wurde eingestellt. Ein Jahr später wurde das Gebiet der Europäischen Kommission als Natura 2000-Schutzgebiet vorgeschlagen und ist seither Teil dieses Netzwerkes. 

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Nach dem Besuch des Vogelparadieses ging es retour nach Oberndorf und danach auf dem Tauernradweg zurück nach Salzburg. Da ich noch genug Zeit zur Abfahrt des Zuges hatte, tauchte ich statt in ein Gewimmel von Vögeln in eines von Leuten ein, was für ein Kontrast!

 

 

Regional genießen

In der Fairtrade Stadt Burghausen findet drei Mal die Woche ein Markt statt, wo man sich mit regionalen Köstlichkeiten eindecken kann. Nähere Infos findet man hier, und der Tourismusverband verlinkt auf nachhaltig ambitionierte Unternehmen ebenfalls auf seiner Webseite.

 

So wie Burghausen sind auch Tittmoning und Laufen Fairtrade Städte.

Die Tittmoninger Bauern- und Wochenmarktsaison geht von März bis Ende November, jeweils freitags von 8 bis 12 Uhr. Am Stadtplatz befindet sich ein Naturkostladen.

Das s´Entdeckerviertel (so nennt man die grenzüberschreitende Region) listet Biobetriebe hier.  

 

 

Anreise

Mit dem Regionalzug ging es von Eichgraben nach St. Pölten und danach mit der Westbahn nach Salzburg. Die Niederflurzüge sind bequem für Radfahrer*innen. Eine Fahrradreservierung muss jedoch mindestens 3 Stunden vor Abreise gemacht werden.

 

Am ersten Tag legte ich um die 55 Kilometer mit dem E-Bike zurück, am zweiten Tag waren es über 80 Kilometer. Die Tour kann ab Lamprechtshausen mit den Salzburger Lokalbahnen auch abgekürzt werden.

Tourismusverbände

www.visit-burghausen.com

www.tittmoning.de

www.laufen.bayern

www.entdeckerviertel.at

www.inn-salzach.com

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